Montag, 23. November 2009

Das schwarze Unbekannte


Wiedereinmal hat ein sehr ereignissreiches Wochende sein Ende gefunden.
Am Donnerstag bekam ich die fantastische Nachricht noch gerade so als letzter Teilnehmer an einer zweitägigen Wanderung durch das drittgrößte Höhlensystem der Erde teilzunehmen: Calbiga.
Wir fuhren also am Freitag zu dritt nach Tacloban, wo uns Alex gleich erstmal mit einer riesigen Überraschung empfing. Er hatte die Woche über aufgrund eines Seminars in einem der besten Hotels der Stadt übernachtet und da einige Teilnehmer schon frühzeitig abfuhren, konnten wir deren Plätze einnehmen. Zwar mussten wir uns zu viert drei Betten teilen, doch diese Tatsache wurde durch eine morgentliche Dusche mit heißem Wasser locker wieder wett gemacht.
Mit übervollen Rucksäcken bewaffnet, brachen wir am frühen Morgen also auf in Richtung Galbiga Cave, zunächst auf der Ladefläche eines Kleintransporters, dann aber relativ schnell zu Fuß.
Unsere Wanderung begann mit einem einstündigen Fußmarsch durch bergiges Regenwaldgebiet. Seinem Namen wurde diese Pflanzenwelt dann sogar ziemlich schnell gerecht: Noch nicht bei der Hälfte angekommen, begann es schlagartig wie aus Eimern zu regnen, sodass
wir nach nur wenigen Minuten vollkommen nass waren.
Doch das störte nicht wirklich, den ein in der Vergangenheit immer häufiger eintretender Zustand der gleichgültigen Akzeptanz begann unbemerkt Besitz von mir zu ergreifen.
Nach weiteren 30 Minuten hatten wir dann unser vorläufiges Etappenziel erreicht, der Eingang der Höhle. Der Anblick dieser weit über 30 Meter hohen Steilwand, gespickt mit Stalagtiten, Felsvorsprüngen und herunterhägenden Lianen war einfach überwältigend und gleichzeitig total syrreal. Kaum merklich öffnete sich am unteren Fuße des Abhangs eine breite Öffnung, in die wir nacheinander auf einem schmalen Pfand hineingingen.
Immer weniger Licht gelang es, sich einen Weg ins tiefste Innere der Höhle vorzubahnen und mit einem Mal wurden wir von schwarzer Finsterniss verschluckt.
Wir schalteten deshalb unsere mitgebrachten Kopflampen ein und konnten so wenigstens den Weg vor uns erkennen.
Diese Strecke einen Weg zu nennen ist jedoch eine maßlose Übertreibung, denn anders als in deutschen Höhlen, in denen ordentlich abgesteckte Pfade durch beleuchtete Gänge führen, war hier wirklich Nichts weggeräumt. Dies rührt vor allem aus dem Fakt, dass diese Höhle erst im Jahre 1987 entdeckt wurde und auch in den darauffolgenden Jahren so wenig erkundschaftet wurde, dass sogar heute noch regelmäßig neue Kammern und Gänge entdeckt werden.
Wir wanderten also über steiniges Geröll, Schutt und umgestürzte Felsbrocken und ich fühlte mich immer mehr an einen Kindheitstraum erinnert: Den Traumberuf Höhlenforscher.
Nach einiger Zeit stießen wir dann auf eine glatte steile Felswand, an der wir unsere Rucksäcke abstellten und ersteinmal pausieren konnten.
Kurz darauf gingen wir ohne Gepäck in eine riesige Nachbarkammer in der wir in Ruhe alles aukundschaften konnten. Die Höhle war der blanke Wahnsinn, überall Stalagniten, - titen und -naten. Außerdem bizarre Gebilde aus Kalkstein, die manchmal wie Dinoköpfe in die Höhe zu ragen schienen.
Chris, Patrick, Alex und ich kletterten so lange an den Felsen herum und waren schon komplett vertieft im Auskundschaften neuer kleiner Höhlen, dass die anderen bald nur noch weit weg anhand ihres Lichtstrahls zu erkennen waren.
Egal. Das war einfach zu gut.
Wir zwängten uns in winzige Ritzen und immer wenn eine Höhle in einer Sackgasse zu enden drohte, fand sich ein neuer kleiner Durchgang. Die ganze Zeit über wurden wir von der allgegenwärtigen Dunkelheit begleitet. Nichts für Klaustrophoben.
Wieder bei der Gruppe angekommen, gingen wir mit den Guides zu einem unterirdischen See in dem sich blinde Fische und weiße, wie Tod erscheinende Krebse befanden.
An den Wänden saßen sich Riesige Spinnen mit langen Fühlern und der Boden war teilweise übersäht mit Heuschrecken, deren Fühler unglaubliche 25 cm lang waren.
Ganz so lebensfeindlich war die Umgebung also doch nicht.
Nach einiger Zeit des streckenweise recht anstrengenden Kletterns kamen wir an einen Abhang, an dem man nur durch ein Seil heil hinabsteigen konnte.
Die Umgebung der Höhle änderte sich mit der Zeit, mal spitze Steinpassagen, dann wieder meterdicker Schlamm, in dem man mit den Füssen regelmäßig bis zum Knöchel versank.
Doch dann war es soweit, wir konnten das berühmte Licht am Ende des Tunnels erkennen.
Ich lief direkt hinter dem ersten Führer, die Augen immer auf den drößer werdenden Lichtschein gerichtet, als der Philippino vor mir plötzlich zusammenzuckte und einen Satz zu Seite machte. Ich wusste zunächst gar nicht was los war, doch dann sah ich es: Unter einem Felsvorsprung lag eine zusammengerollte bestimmt zwei Meter dicke Schlange. Wow, die sah vielleicht genial aus.
Wir liefen also weiter und erreichten bald den Ausgang der Höhle, an dem wir auch die Nacht verbringen sollten.
Wir bereiteten unsere Planen und Isomatten vor und rollten die Schlafsäcke aus. Ich hatte leider keinen dabei, was ich später noch sehr bereuen sollte.
Es war schon fast vier Uhr und vor der Dunkelheit wollte uns unser Guide noch etwas anderes zeigen. Diese Tour war jedoch noch etwas extremer, sodass die Frauen der Runde bei unserem Lager blieben.
Der Rest machte sich auf zu einem neuen Eingang, in den es gleich ersteinmal zwei drei Meter abwärts in eine kleinere Vorkammer ging. Dort sah ich zum ersten mal eine in freier Wildbahn lebende Vogelspinne, fett und haarig.
Die zweite Schwierigkeit äußerte sich in einem super engem Schlitz, durch den wir uns gerade so durchzwängen konnten. Doch das alles lohnte sich.
Nach kurzem matschigen Fußmarsch stießen wir direkt vor uns auf einen unterirdischen Fluss.
So wie wir waren, mit Hose, T-Shirt und Schuhen ließen sich alle einfach in das Wasser des sehr sehr kalten Flusses fallen. Baden untertage, super.
So wurden wir zwar total nass, dafür aber auch richtig sauber.
Auf dem Rückweg relativierte sich jedoch auch das schon bald wieder.
Im Lager angekommen, kamen wir gerade richtig zu einem weiteren beeindruckenden Spektakel.
Denn mit hereinbrechender Dunkelheit trieb es auch die Fledermäuse aus der Höhle heraus.
Wie ein Schwarm synkroner Fische flogen sie in spektakulären Spiralen vor dem Eingang der Grotte ins Freie.
Den Abend verbrachten wir bei Tanduay und Kerzenlicht, bis wir ziemlich erledigt in unseren Schlafstätten einschliefen.
Die Nacht war für mich jedoch nicht gerade sehr erholsam, da ich in kurzer Hose und Sweatjacke schlief, viel zu wenig um der hereinbrechenden Kälte Parole zu bieten. Immer wieder wachte ich deshalb auf und wälzte mich von einer Seite auf die Andere.
Irgendwann fand ich dann jedoch meinen Schlaf und wachte ziemlich früh am nächsten Morgen auf. Wir frühstückten nicht satt machendes, trockenes Toast und einen Apfel und machten uns auf den Rückweg. Nach mehrere Stunden Wanderung durch dichten Urwald kamen wir dann auch wieder der Zivilisation näher, sodass wir unseren Ausflug mit einer kalten Coke und Erdnüssen beendeten.

Wieder in warmen und trockenen Tüchern ist,


Theo.

Fotos kommen bald.

3 Kommentare:

  1. Hallo Theo,

    wir lesen immer wieder mit Spannung Deine Berichte, auch wenn Mama mal der Atem stockt. prima, das Du neben Deiner " Arbeit" noch so viele tolle Sachen unternehmen und sehen kannst.
    Vom 50. Deines alten Herren wirst Du ja schon gehört haben und ansonsten passiert hier nicht so viel aufregendes wie bei Dir.Also halt die Ohren steif und schreib schön weiter.
    Übrigens schönes Motorrad.

    Bis bald Bärbel und Bernd

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  2. Hallo, mein Lieblingsenkel!!!
    Danke für deinen Brief von der Schatzinsel. Ich bin die Treppe raufgestolpert und habe dabei meinen Schuh verloren, so schnell war ich. Du kennst mich also ganz genau. Habe eben von deiner Höhlenwanderung gelesen. Es muss einfach toll gewesen sein! Ich wünsche dir weiterhin viel Spaß,
    Deine Oma Geika.

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  3. wo bleiben die fotos????
    -laura-

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