On the road again
Ich habe also ein eigenes Bike. Diese Tatsache habe ich an den letzten beiden Wochenende mehr als reichlich ausgekostet.
Alles begann mit einem Trip am vorletzten Wochenende. Freitags fuhr ich am späten Nachmittag los nach Hernani, um Ingo zu besuchen. Da ich mich bei den Jungs aus Salcedo aber noch total verquatschte, brach während der Fahrt die Dunkelheit herein und ich lernte gleich zu Beginn meines Trips die erste Lektion in Sachen Bikerfreuden, oder eher jene, die den Spaß am Fahren deutlich zu mindern vermögen. Im Dunkeln sah man schlichtweg null, sodass die einzige Orientierungsquelle der eigene Scheinwerfer war. Dennoch reichte dieser nicht aus um die vielen, verdammt tiefen Schlaglöcher im Asphalt zu erleuchten, die Fahrt wurde also ziemlich wackelig.
Ich kam aber wohlbehalten in Hernani an, aß mit Ingo Abendbrot und ging früh schlafen. Am nächsten Morgen brachen wir dann bei Zeiten auf nach Borongan. Ich hatte erfahren, dass Jesse in Oras geblieben war und so entschied ich mich spontan ihn zu besuchen.
Ingo blieb in Borongan und ich setzte von dort aus meinen Weg alleine fort. Zunächst kam ich durch viele kleine Dörfer, in denen die meisten Hütten direkt am Straßenrand gebaut wurden. Das Leben spielt sich hier vordergründig im Freien ab und die Straße ist immer ein zentraler, öffentlicher Ort des gegenseitigen Miteinanders. Gleichzeitig haben Straßen jedoch eine ungemein lässtige Eigenschaft an sich - sie sind gefährlich und das sowohl für die Fahrer als auch die Passanten.
Im häufiger drängte sich deshalb die Gefahr Nummer eins im philippinischen Straßenverkehr auf - Hunde. Diese Tiere sind eine wirklich omnispräsente und unberechenbare Gefahr, sodass es zu einigen Beinaheunfällen zwischen mir und den Hunden kam. Die machen einfach was sie wollen, mal trotten sie mit gleichgültiger Langsamkeit vom einen zum anderen Ende, mal schlagen sie im letzten Moment ein Haken und kommen auf dich zugerannt.
Nach einigen Kilometern wurden die Häuser am Straßenrand jeoch wenniger und die Landschaft begann immer mehr meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dies gipfelte sich in einer Straße, an deren rechten Seite sich der Pazik und faszinierende Wolkenformationen und auf der Linken eine felsige Steilwand befand. Ich war so gefesselt von dieser Kulisse, dass es mir immer schwerer viel mich auf den Verkehr zu konzentrieren.
Nicht nur die Landschaft, sondern auch die Straße wechselte stetig ihre äußere Erscheinung, mal perfekt glatter Asphalt und dann wieder rau löchrige Schotterpiste.
Als ich am Nachmittag dann in Oras ankam, fuhren Jesse und ich gleich erstmal zu einer riesigen Lagune dirket am pazifischen Ozean.
Dort trafen wir dann auf einen pensionierten norwegischen Importunternehmer, der sich hier auf den Philippinen gerade sein zweites Haus am Strand baute. Er lud uns zu sich ein und offenbarte uns eine unerwaretete und deshalb doppelt gute Köstlichkeit, deutsches Brot aus Manila mit spanischem Hartkäse, super geil!
Den Abend verbrachten wir dann später mit Transwestieten und einigen anderen Freunden von Jesse.
Am nächsten Morgen beschlossen wir kurzerhand hoch nach Arteche zu fahren, Jesses eigentlicher Wohnsitz. Da sein Bike aber mal wieder nicht anspringen wollte und zu allem Überfluss auch noch Öl verlor, musste Tiffany, meine TMX, hinhalten.
Von der Strecke Arteche - Oras hatte ich schon einige Stories gehört, doch das was auf uns zu kam übertraf alles. Sand, Schotter, Steine, Löcher - der pure Offroadpark. Ich hab gerade bei den Hügeln natürlich extra Gas gegeben, sodass die Steine nach allen Seiten flogen.
Einfach nur geil.
In Arteche brachten wir dann kleinen Kindern das Baden bei, besorgten uns ein par Kokusnüsse und ließen den Tag mit einem riesen Teller voll Pfannkuchen ausklingen.
Am Montag machte ich mich gleich früh wieder auf den Weg zurück nach Guiuan.
Ich verbrachte um die sechs Stunden im Sattel und war am Ende völlig fertig.
Doch es kam noch besser.
Denn vergangenes Wochende entschied ich mich spontan für eine Tour nach Tacloban. Auch dort waren einige Volunteers von uns stationiert und da ich alle lange nicht mehr gesehen hatte und gleichzeitig noch einige Besorgungen machen musste, nahm ich die drei stündige Fahrt auf mich.
Diese Strecke war sogar noch schöner. Ich fuhr fast die ganze Zeit über a Meer entlang und die äußerst bodennahe Schräglage in den Kurven erhöhte den Fahrspaß noch um einiges.
Da Tacloban auf einer anderen Insel als Samar liegt musste ich das Wasser via einer riesigen Brücke überqueren, von der aus man einen nahezu perfekten Blick über Leyte hat.
In Tacloban angekommen traf mich das Verkehrschaos einer Großstadt auf einmal wie ein Schlag. Ich sah gar nicht mehr durch und die Reisebusse und Pickups übertrieben auf diesen Straßen noch mehr als in Samar, was meiner Ansicht nach nur schwer möglich war. Völlig verrückte Überhohlmanöver, bei denen der Gegenverkehr so viel zählt wie eine Kartoffel in Asien, waren minütlich an der Tagesornung und anscheinend völlig normal.
Auch an Verkehrszeichen war ich gar nicht mehr gewöhnt, die gibt es in Guiuan ja kaum.
Die Folge dessen war, dass ich gleich erstmal dirket in eine Einbahnstraße hineinfuhr und als wäre das bei dem Verkehr nicht schlimm genug, wartete auch noch ein Streifenbulle an deren Ende. Er kam, sah und winkte. Kacke, dacht ich, jetzt bin ich voll am Arsch.
Ich stellte also die Maschiene ab und er erklärte mir ersteinmal ruhig was ich denn falsch gemacht hätte. Ich nickte reumütig. Doch dann wollte er meinen Führerschein sehen. Das war für mich gerade total ungünstig, nicht nur das ich ja gar keinen Führerschein für ein Motorrad habe, sondern nur für Autos, nein, dieser war auch noch bei Lasse in Tacloban. Ich erzählte ihm das und redete auf ihn ein und zu meiner großen Überraschung winkte er nach einigem Hin und Her ab und ließ mich weiterfahren. Scheiße, hatte ich ein Glück.
Ich fuhr also in die Innenstadt, kaufte mir einen Helm (ja endlich Mama), neue Flipflops und, Achtung, Unterbodenlicht. Ja ihr habt richtig gelesen, was in Deutschland aus nicht erkennbaren Gründen verboten ist, ist hier völlig legal: In Zukunft wird also grünes Neon unter meinem Tank hervorscheinen und den silbernen Motorblock anstrahlen.
Den Abend verbrachte ich dann mit San Miguel und einigen Leuten aus Tacloban, sodass wiedermal ein anstrengender Tag zu Ende ging.
Am nächsten Morgen gingen Alex und ich zum Strand und trafen dort auf eine kleine und ziemliche junge Gruppe von Bloodz. Schon öfter hatte ich Graffity von dieser und der rivalisierenden Gang, den Cribz, in den Straßen entdeckt und hier bekam ich den Beweis für ihre Existenz gleich persönlich geliefert.
Ich habe bis heute nicht verstanden, warum es die auch hier auf den Philippinen gibt.
Jedenfalls quatschten wir mit denen, die waren wirklich total nett, und irgendwann begann einer von ihnen mit einem Flick - Flack.
An dieser Stelle muss vielleicht erwähnt werden, dass Alex der krasseste Sportfreak ist, den ich je getroffen habe, der früher einmal in einem Zirkusverein war und einhändigen Handstand kann. Nach einigem drängen meinerseits zeigte er den Jungs vom Strand dann auch etwas von seinem Können und so trainierten wir mit ein par Bloodz am Strand Akrobatik.
Sachen gibts.
Ich machte mich dann langsam wieder auf den Weg nach Guiuan. Nach einigen Kilometern fand ich mich plötzlich auf einer Straße wieder, an die ich mich nicht erinnern konnte, die aber wegen ihrer weitläufigen Landschaft so schön war, das ich auf ihr einfach weiter fuhr. Langsam wurde mir jedoch klar, ich war irgendwo falsch abgebogen und hatte mich nun total verfahren. Trotzdem fuhr ich ertseinmal weiter da mir einige Philippinos sagten, ich würde auch auf diesem Weg nach Guiuan kommen. Sehr skeptisch setzte ich meinen Weg fort und plötzlich geschah das unfassbare: Mitten in der Pampa ging das Bike aus und blieb stehen. Ich hatte vergessen zu tanken!
Zum Glück befand sich in der Nähe eine Hütte. Ich schob also das letzte Stück und fragte nach etwas Benzin. Der Philippino war gleich total hilfsbereit, schnappte sich ein Seil und verband damit sein Bike und Tiffany. Ich weiß nicht ob das so gestattet ist, wenn ein Motarrad ein anderes abschleppt, doch das war mir da natürlich komplett Latte.
Glücklicherweise befand sich nur einen Kilometer weiter eine Tankstelle. Ich hatte noch 260 Pesus und dachte mir, ich tanke für 200 und behalte die 60 noch für den Notafall. Das Tat ich dann auch, doch als ich mit dem Bezahlen fertig war, wollte mein "Abschleppdienst" plötzlich auch noch 100 Pesus. Ich gab ihm meine letzten 60 und zeigte ihm mein leeres Portmonai, sodass er sich damit zufrieden gab und schnell wieder davonraste.
Meine Situation war also folgende: Ich war blank und hatte kein Plan wo ich war.
Ich fuhr ersteinmal weiter und entdeckte glücklicherweise ein Schild mit der Aufschrift "Borongan 80 km". Na gut, dann eben ab nach Borongan, da kannte ich mich ja mittlerweile aus.
Doch die Straße wollte einfach kein Ende nehmen. Zwar schlängelte sie sich in engen Kurven mitten durch den Urwald ( richtigen Urwald wie er im Buche steht, mit verwurzelten Bäumen und Lianen) und es wurde immer bergiger, für solche Details war ich aber im Moment nur wenig zu begeistern.
Wenigsten erinnerte ich mich wieder an eine väterliche Weisheit: In den Bergen Finger weg von der Kupplung, lass die Motorbremse arbeiten.
Nach schier endlos erscheinenden 80 Kilometern kam ich dann an, doch nicht gleich in Borongan, sondern nur in Taft, 40 Kilometer von Borongan entfernt.
Na gut, dachte ich mir dann besuche ich eben Bodhi, einen weiteren Freiwilligen. Wir aßen zusammen verspätetes Mittag und ich machte mich wieder auf nach Borongan.
On the Road. Again.
Als ich in eine kleine Seitenstraße einbog und gerade wieder am beschleunigen war, kam aus einem Grundstück ein Junge super schnell und wie verrückt rausgerannt und dirket vor mein Bike. Ich ging voll in die Eisen, mein Hinterrad blockierte und ich verfehlte den Jungen nur um einen knappen Meter. Oh Gott war das knapp, für heute reichte es aber langsam.
Nach ein par Offroadstrecken kam ich nach viel zu vielen Stunden in Borongan an und blieb dort über Nacht bei Mathis.
Heute Morgen ging es dann zurück nach Guiuan, weitere zwei einhalb Stunden.
Anscheinend wollte Goztt den ganzen Touren, den Strapazen und den unzähligen Flüchen noch mit einem ordentlichen Wolkenbruch die Krone aufsetzen.
Wiedereinmal vollkommen durchnässt erreichte ich das langersehnte Ziel Guiuan.
Unter der Dusche bemerkte ich dann jedoch einen angenehmen Nebeneffekt des Fahrens mit T-Shirt: Ich war braun geworden, richtig braun. Ich bin so braun geworden, dass ich jetzt auch locker Josy Konkurenz machen könnte, ganz ohne Bruzzler!
Nach über 1000 Kilometern froh, endlich wieder einigermaßen unbeschadet in Guiuan angekommen zu sein sind Tiffany und
Theo.
oha endgeil geschrieben, sehr spannende story...du kannst ja richtige motorcycle diarys schreiben :D
AntwortenLöschenhört sich ja alles voll nachm traumleben an, jetzt bin ich neidisch :D
laura <3
aso und warum heißt dein bike tiffany??
AntwortenLöschenMir blieb beim lesen schier die Luft weg!!!!
AntwortenLöschenZum Glück bin ich weit weg....
Viele Grüße und Dank an Deinen Schutzengel
Mama
ich freu mich für dich und gleichzeitig beneide ich dich :)
AntwortenLöschenschön das du uns so auf dem laufenden hältst.
marcus